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Studienfahrt zur BOGESTRA am 17. 4. 2016
VVM-Studienfahrten sind in der Regel öffentlich, jeder, der Interesse daran hat,
kann gerne teilnehmen. Infos zu aktuellen Fahrten finden Sie unter
Termine.
Die meisten Tram-Netze des Rhein-Ruhr Gebiets haben wir bereits bereist, das der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn fehlte noch. Wie der Name der Gesellschaft schon zeigt, ist diese ortsübergreifend tätig und fährt auch in weitere Städte wie Witten und Wanne-Eickel. Insbesondere die 1960er Jahre brachten der sich damals noch BGS nennenden Gesellschaft starke Einbrüche im Streckennetz, rund ein Drittel des Netzes wurde dem MIV geopfert. Besonders die Außenstrecken waren betroffen, die meist eingleisig neben den Straßen herführten und dem Straßenausbau weichen mussten, aber auch innerstädtische Linien mussten weichen, wie die gesamte Linie 20 vom Bf. Langendreer nach Oberdahlhausen. Mit Einstellung des Reisezugverkehrs auf der Rheinischen Eisenbahn verschwand dann auch der Anschluss an den Nordbahnhof.
Die Forderung nach weniger baubedingter Fahrplanabweichungen erfüllte die DB damit, dass sie diese überwiegend in die Regelfahrpläne aufnahm. Das betraf auch unseren Reisetag, an dem der EC 9 deutlich früher als sonst verkehrte und mit Ausfall einiger Halte entlang der Ruhr auch unser Ziel Bochum nicht anfuhr, wozu wir in Dortmund in einen RE umsteigen mussten, der aus einem 425-Triebzug mit verbesserter Bestuhlung bestand, die ursprünglich sehr spartanisch ausgeführt war.
Im Bochumer Hbf. ging es umgehend in den Untergrund, denn sowohl in Bochum als auch in Gelsenkirchen wurde die Tram in den Innenstädten unter die Erde verbannt, um mehr Platz für den MIV zu schaffen. Dass mit dem Wegfall der Tram aus den Geschäftsstraßen auch Kunden ausbleiben, haben die Geschäftsleute erst gemerkt, als es zu spät war. Ob die Tunnelstrecken mit den schlecht erreichbaren wenigen Stationen die Tram beliebter gemacht haben, darf auch bezweifelt werden. Im untersten Tiefkeller am Hbf. findet man 2 Bahnsteige, zwischen denen das heutige teure Sorgenkind der Stadt, die normalspurige U35 und auf den Außengleisen die meterspurige Straßenbahn fahren.
Ein dunkles Kapitel der Straßenbahnen des Ruhrgebiets ist die „Stadtbahn Ruhr”. Zwischen den normalspurigen Netzen in Dortmund und Duisburg sollten die wichtigsten Meterspurlinien durch normalspurige Trassen ersetzt werden, die entweder weitgehend kreuzungsfrei auf Mittelstreifen von Straßen oder als U-Bahnen gebaut werden sollten. Davon wurden aber nur einzelne Bruchstücke realisiert, im Bereich der BOGESTRA wurde aus der Tram 5 mit der einzigen Nachkriegs-Neubaustrecke zur Ruhr-Universität und der Stammstrecke nach Herne die U35, ein teurer, systemfremder Inselbetrieb mit völlig überdimensionierten Kapazitäten. Statt der Stadtbahn wurden unzählige Autobahnen und Schnellstraßen gebaut, die heute Orte und Landschaft in einen Flickenteppich zerschneiden.
Einen Reisebereicht finden Sie auch in den
Hamburger Nahverkehrsnachrichten
2/2016.
Text und Bilder soweit nicht anders vermerkt: © R. König und W. Greiffenberger.
Ein sonst übliches Bild vom Eintreffen des Museumswagens gibt es dieses mal nicht, da die Situation am Hbf. kaum sinnvolle Bilder ermöglichte. Die erste Fotogelegenheit bestand in Laer Mitte, wo heute die Beschäftigten des links im Hintergrund sichtbaren stillgelegten Opel-Werks als Fahrgäste fehlen. Museums-Gelenkwagen 40 wurde von der DÜWAG erst 1968 geliefert und wurde über die Jahre mehrfach umgebaut. Für Tunnelstrecken erhielt der Fahrerplatz eine Trennwand, die das Festlegen des jeweils ersten Türflügels links erforderte.
Insgesamt beschaffte die BOGESTRA von 1957-1969 in verschiedenen Serien 91 Exemplare dieser 6x Triebwagen. Der „Standardwagen” wurde in Bochum bis 1996 wieder ausgemustert. Einige wurden bereits deutlich früher verkauft: 1985-88 8 Wagen nach Lille (F), 1994 9 Wagen nach Gent (B), 1995 6 Wagen nach Gotha (D) und einer nach Innsbruck (A) und 1996 8 Wagen nach Arad (RU), bis auf Arad sind alle aber längst ausgemustert. Außerdem existiert mit Tw 275 noch ein Fahrzeug von 1957 bei der Bergischen Museumsbahn und ein Wagen (277) wurde 1984 zum Schleifwagen umgebaut, dieser steht noch im Einsatz, der Nachfolger ist aber schon in Bau.
Typisch für die Bochumer Standardwagen waren die sogenannten „Texasschranken” (den Saloon-Türen ähnelnde Form – auch wenn sie nicht pendeln). Öffnete die Tür, musste diese Schranke nach außen gedrückt bzw. gezogen werden, um hindurchzukommen. Solange die Schranke nicht wieder in der durch eine Feder gehaltenen Ruhelage war, blieb die Tür offen. Dies war eine Alternative zum üblicherweise vorhandenen Trittkontakt oder Lichtschranken. Außer in Bochum war diese Art der Türsicherung nur in Bremen bekannt.
Bereits um 1975 war die Strecke nach Witten vom Autobahnbau betroffen, es wurde ein eingleisiges Provisorium im Bereich der Autobahn eingerichtet, das später durch eine neue Linienführung ersetzt werden sollte. Diese kam bislang nicht, vielmehr wurde mehrfach die Stillegung erwogen und das Südende der U35 wurde so gebaut, dass nach gut 2 km durch Wiesen und Felder der Stadtrand von Witten erreicht wäre, die Trassierung in der Stadt wäre aber extrem aufwändig und teuer, so kam auch dies nicht. Inzwischen hat man sich entschlossen, die Bahn mitten durch den Stadtteil Langendreer mit Anschluss an die S-Bahn umzulegen, erste Gleise liegen schon und 2019 soll das Provisorium der neuen Linienführung weichen, so dass die Bereisung dieses Abschnitts schon eine erste Abschiedsfahrt sein könnte. Wagen 40 biegt hier aus der Seitenlage neben der Baroper Straße in die Ausweiche auf der Brücke über die Autobahn ein.
An der Kreuzung Unterstraße, wo ab Ende 2017 zunächst die verlängerte 302 geradeaus fahren soll, sah man schon die noch nicht angeschlossenen neuen Schienen. Langendreer war bis 1969 schon einmal von der Straßenbahn aus Richtung Bochum erschlossen, allerdings ab Laer Mitte und weiter nördlich. Bereits 1951 verschwand die Nord-Süd Tangente Castrop-Rauxel - Lütgendortmund - Langendreer - Witten, deren Südabschnitt nach Witten nun bis 2019 neu entstehen soll. Wer sich genauer über die ehemaligen Trassen (nicht nur in Bochum) informieren möchte, dem sei z. B. die Internet-Seite www.tramtracks.de empfohlen.
Abseits der Bebauung verläuft die provisorische Strecke in einer sehenswerten Linienführung mit einer Ausweiche auf der Autobahnbrücke und dem anschließenden Haltestellenbereich.
Nach Verlassen des Wittener Stadtzentrums wird die Strecke bis zur Endstation eingleisig. Eine solche Ausweiche mitten auf der Fahrbahn findet man anderswo kaum noch, die Kettenfahrleitung bei max. 50 km/h erscheint dagegen als übertriebener Luxus. Dieser Bereich und die aufzugebende Strecke sind bisher nicht auf die längeren Niederflurwagen ausgelegt, warum auf der 310 bisher und noch bis 2019 nur die M6-Hochflurwagen der Baujahre 1976/77 verkehren.
Beim Blick in die Gegenrichtung sieht man die ebenfalls beachtenswerte Haltestelle Hans Böckler Straße, für beide Fahrtrichtungen gibt es nur eine Haltestelle und in Richtung Heven findet der Fahrgastwechsel mitten auf der Fahrbahn auf der linken Fahrzeugseite statt! Das Gebotsschild soll allerdings verhindern, dass dort Autos fahren.
Die Endstelle Heven Dorf entstand vor Jahrzehnten dadurch, dass man einen hier außerhalb des Bildes liegenden Prellbock ins Streckengleis stellte und das Gleis jenseits der Prellbocks abriss. Dieses führte einst im Ruhrtal nach Herbede. Nach einer nie geschlossenen Lücke begann in Blankenstein wieder das Gleis ins von Heven gut 8 km entfernte Hattingen, von wo auch heute noch die 308 nach Bochum fährt. Diese Strecke können wir aus Zeitgründen heute aber nicht bereisen.
In Witten durchfährt die 310 die Fußgängerzone Bahnhofstraße, der direkte Bahnhofsanschluss allerdings wurde zusammen mit der Strecke nach Witten-Annen 1982 stillgelegt (zuletzt Linie 320), am Ende der Fußgängerzone mit der Haltestelle Rathaus ergibt sich ein Fotohalt mit Linienzug, dessen Fahrer auch extra kurz anhält. Kurz zuvor war unser Wagen 40 über den Gleiswechsel auf das Gegengleis ausgewichen, um den Planwagen der 310 überholen zu lassen und Zeit für weitere Fotostopps zu gewinnen.
Der M6 325 von 1977 trägt den orange-kieselgrauen sogenannten CE-Lack (City-Express) den die Wagen in den 1990er Jahren erhalten haben. Auch unser Standardwagen trug diesen in seinen letzten aktiven Jahren. Kurios ist, dass der Takt hier montags bis freitags 20 Minuten beträgt, an Sonnabenden aber alle 15 Minuten eine 310 fährt. Dies liegt an der Gemeinschaftsstrecke mit der 302, diese verkehrt Mo-Fr. alle 10, Sonnabends alle 15 Minuten und Sonntags alle 30 Minuten. Auf dem Gemeinschaftsabschnitt fahren beide Linien an den Wochenenden dann alternierend zueinander.
Wo heute nur noch ein Gleisbogen um die Ecke führt, fuhr bis 1982 wie Wittener Lokallinie geradeaus nach Annen Nord. Bis 1954 gab es hier ein Gleiskreuz, die Bahnen aus Bochum fuhren bis dahin an der Innenstadt vorbei (rechts) nach Witten-Bommern.
Die Tage dieser verträumten Anlage bei der Haltestelle Papenholz sind gezählt. Ab 2019 soll die 310 von rechts hinter dem Betrachter wieder aus Langendreer zurück auf die Trasse stoßen. Die „27” tat dies bis 1951 noch an der Haltestelle Crengeldanz (eine Haltestelle weiter Richtung Witten).
Wir sind weiter auf der Rückfahrt und der Wagen entfernt sich vom Betrachter in Richtung Bochum. An dieser Stelle ein Dank an die Freunde der Verkehrshistorischen Arbeitsgemeinschaft, die nicht müde wurden, den Wagen immer wieder passend zu beschildern.
Nun haben wir den Bochumer 310/302 - Tunnel schon an seinem anderen Ende wieder verlassen. An der Haltestelle Wattenscheider Straße, die genau zwischen der durch getrennte Straßen verlaufenden Ein- und Ausfädelung der 302 liegt, ist die Variobahn 509 (ein 5-teiliger Sechsachser von Stadler 2008) gerade aus Richtung Gelsenkirchen kommend eingeschwenkt und hält so an einer Gemeinschaftshaltestelle. Geradeaus fährt und hält die 310 Richtung Höntrop sowie die Buslinie 345, die separate Haltestelle der 302 Richtung Gelsenkirchen „um die Ecke” haben wir hier schon passiert. Der sichtbare Bogen vorn dient Fahrten vom Betriebshof nach Gelsenkirchen oder ggf. abkehrenden Zügen.
Unser Zwischenziel ist der Betriebshof / Hauptwerkstatt „Engelsburg”, dieser ist bis 2005 auf einen ehemaligen Zechengelände neu entstanden, und führte drei andere aufzugebende Standorte zusammen. Für eine Demonstrationsfahrt zur Endstelle Höntrop Kirche wechseln wir hier kurz das Fahrzeug auf einen M6 – aber nicht irgendeinen, sondern auf Wagen 311, der letzte, der noch den original rot-weißen Anstrich trägt - alle anderen haben den CE-Lack der 90er Jahre erhalten oder tragen Vollwerbung. Wie inzwischen auf vielen Betriebsgeländen, gilt auch hier ein striktes Fotografierverbot und nur das Ablichten der benutzten Wagen war davon ausgenommen.
Höntrop Kirche - da war doch was: Vor 9 Jahren bereiste ein VVM-Mitglied diverse Bahnen im Bereich Bochum und beklagte sich in einem Reisebericht mit diesem Stationsnamen als Titel, trotz mehrerer Anläufe genau hierher nicht gekommen zu sein (Hamburger Nahverkehrsnachrichten 2/2007), diese Lücke konnte ihm heute geschlossen werden. Hinter der eigentlichen Endhaltestelle befinden sich noch drei Auf-/Abstellplätze die gerade für die kommenden Variobahnen erneuert/erweitert wurden, man beachte den Prellbock.
Den Wagen auf dem Betriebshof zurückgetauscht haben wir nun einen großen Sprung gemacht und hier schon die nächste Strecke befahren. Zur Endstation Gerthe der 308/318 geht es die letzten 2 Haltestellen eingleisig, parallel zu diesem Abschnitt gab es einst eine weitere Strecke, die einen Schlenker weiter östlich machte und eine Zeche anschloss. Wie das Bild schon erahnen lässt, war hier früher noch lange nicht Schluss, sondern die Strecke führte weiter bis nach Castrop-Rauxel. Mit der Straßenbahn Herne - Castrop-Rauxel bestand dort eine Querverbindung zur BGS in Herne und die bereits erwähnte Tangente nach Witten über Lütgendortmund und Langendreer. Und eigentlich ist die Linie nach Gerthe nur ein verbliebener Abzweig von der schon lange eingestellten Linie nach Lütgendortmund, wo man die normalspurige Dortmunder Straßenbahn erreichen konnte.
Die Ausweiche Gehrte-Schürbankstraße liegt unmittelbar vor der eingleisigen Endhaltestelle. Die Variobahnen, 2008-12 in zunächst 35 Exemplaren von Stadler geliefert, wurden 2014/15 mit 10 Wagen weiter beschafft. 42 weitere sind bestellt und sollen ab Herbst 2016 kommen. Diese Wagen dienen zunächst als Ersatz der 1992-94 in 42 Exemplaren beschaffen 3-teiligen NF6D (2 bereits ausgemustert) von Siemens/DÜWAG, von denen man sich wegen erheblicher technischer Probleme vorzeitig - deutlich vor den 15 Jahre älteren M6 - trennen möchte. Ähnliche Wagen gibt es noch in Erfurt, Halle, Brandenburg und als Normalspur-Einrichter in Kassel.
Und schon der nächste große Sprung, nun sind wir in Wanne-Eickel (gehört zu Herne), wohin die 306 verkehrt. Außer der 306 kommt hier keine Straßenbahn mehr hin, die Querverbindung nach Gelsenkirchen verschwand 1963 und schon 1955 war innerhalb Wannes (Dorstener Straße) Schluss. Bis 1970 endete hier noch von Herten kommend die Linie 1 der Vestischen Straßenbahnen (Heute noch unter diesem Namen als Busbetrieb existent), die ein weit ausgedehntes Netz im nördlichen Ruhrgebiet von (Oberhausen)-Sterkrade über Bottrop - Gladbeck - GE-Buer- Marl - Herten und Recklinghausen bis nach Dortmund Brambauer Betrieb, um nur die wichtigsten Orte zu nennen. Das alles ist mit über 190 km Streckenlänge 1950 bis 1982 eingestellt worden.
Zurück zu unserer Sonderfahrt: An der Endstelle Wanne–Eickel Hauptbahnhof (!) liegt die letzte verbliebene Gleisschleife im Netz der Bogestra, die wir aber nicht befahren konnten, weil dort der Planwagen pausierte und uns zum Kurzkehren über den Gleiswechsel vor der Schleife veranlasste. Hier sind wir schon wieder eine Haltestelle zurück - an der Haltestelle „Am Buschmannshof” liegt das Zentrum Wannes. Vor kurzen entstand hier diese große überdachte Haltestellenanlage als zweiter zentraler Umsteigepunkt (neben dem Bahnhof) mit zahlreichen Buslinien, der Triebwagen wirkt hier richtig klein.
Nachdem die Strecke der 306 viele Jahre als Stilllegungskandidat galt, begann nach dem Beschluss, sie als letzte auch in den Bochumer Tunnel einzuführen der systematische Ausbau. Die Haltestellen wurden für den Niederflurbetrieb angepasst und wie hier an der Haltestelle Hörderler Straße abschnittsweise mit Rasengleis mit schön blühendem Löwenzahn versehen. Die Fotografen bitte nicht drängeln. Für normale Passanten ist das schon ein komisches Bild: Eine alte Bahn kommt an, Leute springen heraus, fotografieren wie wild und spätestens auf ein Läuten der Bahn springen alle wieder rein und fahren wieder ab. Neudeutsch nennt man das wohl „Flashmob”.
Noch immer heißt diese Haltestelle „Bahnhof Präsident”, dort hielt aber schon Jahrzehnte kein Reisezug auf der Strecke der ehemaligen Rheinischen Bahn mehr, aber die DB Netze ist wie allenthalben im Lande mit schrecklich anzusehender vergammelter Infrastruktur präsent und macht sich bei Kunden und Bevölkerung unbeliebt. Der Name stammt, wie nicht anders zu erwarten, von einer 1943 zerstörten und nicht wieder aufgebauten Zeche.
Durch den Stadtteil Wattenscheid geht es nun auf der Linie 302 in Richtung Gelsenkirchen.
Vor einem halben Jahrhundert war es kaum möglich, eine Tram ohne Kohle-Förderturm abzulichten, heute ist es kaum mehr möglich, einen solchen mitsamt Tram ins Bild zu bekommen. Die Zeche Holland produziert aber schon lange nicht mehr und zum Reisezeitpunkt war die Zeche Prosper-Haniel in Bottrop die allerletzte aktive im Ruhrgebiet mit einer Gnadenfrist bis 2018, zeitgleich auch in Ibbenbüren geht der Steinkohle-Bergbau in Deutschland dann zu Ende. Hier kommt die Tram mit Einfach-Fahrleitung und Beiseilen an den Aufhängepunkten aus, während die Straßenbeleuchtung ein Kettentragwerk spendiert bekam.
In Gelsenkirchen sind wir wie die Linie 107 zur Haltestelle Trabrennbahn gefahren. Hier haben wir ein kleines dèjá-vu, denn genau bis hier waren wir 2010 mit den Essenern von der anderen Seite gekommen. Die Linie 107 wird in diesem Teil inzwischen nur noch mit Niederflurwagen der EVAG betrieben. Der Essener 8xTw 1524 (2000 DWA/AD-Tranz) passiert unseren Sonderzug kurz vor der Stadtgrenze zu Essen. Die Fahrten der 107 aus Gelsenkirchen enden alle Essen Hauptbahnhof, auch wenn die Linie auf dem Papier noch bis Essen-Bredeney durchgeht. Dort werden nämlich weiterhin Hochflur-Fahrzeuge (mit Klapptrittstufen) benötigt, die wiederum (überschneidend) nur bis maximal Essen-Hanichelstraße kommen, weswegen es keine ganz durchgehenden Fahrten mehr gibt. Irgendwas ist an unserem Wagen anders…
Hoppla, das Gelenk ist weg, denn zwischenzeitlich waren wir im Gelsenkirchener Betriebshof und haben den Zug getauscht: Interessantes Einzelstück ist der 1968 in Zusammenarbeit von Siemens und BOGESTRA durch DUEWAG gebaute 4x Großraum-Fahrschulwagen 620. Da nie für den Fahrgastverkehr vorgesehen, gibt es pro Seite auch nur eine Einzeltür rechts vorne. Er enthält die technischen Einrichtungen wie die seinerzeit schon vorhandenen 6x Gelenkwagen. Obwohl schon geraume Zeit Museumswagen der VhAG, wird er noch sporadisch von der Fahrschule genutzt, um den Fahranfängern mal die Grenzen der Physik aufzuzeigen, denn mit den heutigen elektronischen Systemen geht oft das Gefühl für's eigentliche Fahren verloren. Zur Sonderausstattung gehört auch ein Stromzähler, mit dem gleich das energiebewusste Fahren direkt im Verbrauch abgelesen werden kann. An beiden Fahrzeugenden befindet sich jeweils links hinter dem Fahrerplatz ein zusätzliches komplett ausgestattetes Fahrerpult, womit der Fahrlehrer den Schüler überwachen und notfalls korrigieren kann. Die Fahrschalterhebel sind mechanisch miteinander gekoppelt. Zusätzlich hat der Fahrlehrer die Möglichkeit, diverse Störungen zu simulieren, was sicher so manchen Fahrschüler zum Schwitzen gebracht hat.
Blick ins Innere des Fahrschulwagens 620. Für die Schüler sind die Sitzplätze mit Tischen ausgestattet, auf denen das Erlernte gleich zu Papier gebracht werden konnte. Bei einem Zweirichtungswagen fährt immer ein Teil leider rückwärts… trotzdem immer schön aufpassen!
Das Sport-Stadion, in dem auch die Heimspiele des FC Schalke 04 stattfinden, liegt etwas nördlich des durch den FC bekanntesten Gelsenkirchener Stadtteils an der Linie 302 zwischen der Innenstadt von Gelsenkirchen und Buer Rathaus. Dieser Streckenabschnitt ist großzügig auf eigenem Bahnkörper trassiert und hat am Stadion Kehr- und Abstellmöglichkeiten sowie je einen Bahnsteig mit 2 Gleisen in beiden Richtungen. Die im Wesentlichen seit 1973 für das Parkstadion und seit 2001 für die neue Arena als Zugangshaltestelle dienenden Anlage mit überdachten Treppen und breitem Zugangssteg wurde zuletzt zur Fußball-WM 2006 überarbeitet. Probleme mit der Signalanlage verzögerten unsere Weiterfahrt ein wenig.
Nur zwei Haltestellen weiter sind wir im Zentrum von Gelsenkirchen-Buer. Für ein kurzes Stück ohne Haltestelle treffen hier 301 und 302 beide von Gelsenkirchen Hauptbahnhof kommend wieder aufeinander. Die 301 fährt westwärts weiter nach GE-Horst, wo sie auf die auf Normalspur umgebaute Essener U11 trifft und für eine Haltestelle gemeinsam mit dieser dreischienig verkehrt. Auf dieser Strecke befindet sich auch die letzte niveaugleiche Eisenbahnkreuzung der BOGESTRA, auf der stündlich die Regionalbahn 43 („Emschertalbahn”) zwischen Dorsten - Wanne-Eickel – Herne und Dortmund pendelt. Wegen mehrerer Baustellen wurde an diesem Tag auf die Bereisung diese Strecke verzichtet.
Wir stehen stattdessen am kurzen Endhaltestellen-Abzweig der Linie 302 ostwärts vor dem Buerer Rathaus, wo die Gleisanlage heute endet. Buer war bis 1980 ein weiterer wichtiger Verknüpfungspunkt zur Vestischen Straßenbahn. Vor 60 Jahren konnte man hier sogar noch in vier weitere Richtungen umsteigen: Bis 1959 mit der 15 via Westerholt nach Herten. Bis 1963 mit der 11 via Scholven nach Gladbeck (Bf Ost). Bis 1977 via Hassel nach Polsum (-Marl) mit der 12. Bis 1978 mit der 10 via Bf. Buer Nord nach Gladbeck und zuletzt bis Oktober 1980 noch mit der für 10 Monate nach VRR-Liniennummernschema umbenannten 210 (ab Bf. Buer Nord) über Herten nach Recklinghausen. Alles Orte, die seither von der Straßenbahnlandkarte getilgt sind.
Unter anderem die Hauptachsen der 10 und 12 waren Anfang der 1970er Jahre noch für den normalspurigen Stadtbahnausbau vorgesehen und es wurde auch noch in den Ausbau investiert, doch wie man sieht, kam es anders. Für nicht ganz vier Jahre übernahm die BOGESTRA die 4 Haltestellen weite Strecke zwischen Buer Rathaus und Bf. Buer Nord noch, doch ohne die Weiterführung lohnte sich dies - auch durch die Konkurrenz des Busverkehrs - nicht. An der Endstelle werden wir auch schon vom KSW Tw 96, der den zweiten Teil unserer Gruppe von Gelsenkirchen Btf. via 301 hierher gebracht hat, begrüßt. Nun heißt es Wagentausch und beide Wagen treten die Rückfahrt so an, wie sie gekommen sind.
Auch die Linie 301 verbindet die Gelsenkirchener Innenstadt mit Buer, verläuft aber in einem Bogen weiter östlich durch den Stadtteil Erle. Während der nördliche Teil noch klassische Tram-Abschnitte mit Haltestellen, an denen die Autos den Fahrgastwechsel abwarten müssen, aufweist, verläuft der Südabschnitt schon seit Jahren im Tunnel, dessen Bau erheblich teurer wurde als veranschlagt, da es sich um ein Bergsenkungsgebiet handelt.
Eigentlich ein Nach-Kriegsstaßenbahnwagen ist Tw 96. 1948 von Fuchs in 12 Exemplaren beschafft, stand er bis 1976 noch im Dienst. Dann an die Bergische Museumsbahn verkauft, wurde er aber 1995 wieder zurückgeholt, um ihn zum 100 jährigen Firmenjubiläum aufzuarbeiten, was nicht ganz gelang. Seit 1999 ist er aber einsatzfähiger Museumswagen, zeitweilig wurde er übrigens nochmals zur BMB verliehen. An der Haltestelle Erle Forsthaus - großzügig auch für Busse ausgebaut - kreuzen wir nochmal eine Variobahn der Linie 301.
1994 wurde der Tunnel Gelsenkirchen (bis dato 2 Haltestellen Hauptbahnhof und König Heinrich Platz) um 5 Haltestellen der 301 verlängert. Im Stil der damaligen Zeit sind die Haltestellen etwas aufwändiger gestaltet und haben mehr oder weniger passend ein Thema wie man hier andeutungsweise bei unserem Fotohalt „Bergwerk Consolidation” sieht. Die zwei Kohlehunte am Bahnsteigende werden leider von der Sitzbank verdeckt.
Am Gelsenkirchener Hbf. endete unsere Bereisung des BOGESTRA. Ein KSW als U-Bahn ist schon ein etwas seltsamer Anblick. „Vorausschauend” wurden die Zugänge der Tunnelstation Mitte der 1980er schon für Hochbahnsteige einer richtigen U-Bahn angelegt, so dass diese wohl für immer nur über Rampen erreichbar sind. Drei Etagen höher werden wir nun die Fernbahn-Rückfahrt gen Norden antreten.
Während wir auf unsere Regionalbahn warten, hält ein neuer IC2 Doppelstockzug am Nachbargleis - nach rund 40 Jahren 200 km/h „steinzeitlich” nur mehr für 160 km/h zugelassen - , der ursprünglich für die Rückfahrt vorgesehen war. Aber die Deutsche Bahn hat mit ihrem Fahrplan hin und her uns schon frühzeitig auf die günstigere Regionalbahn abwandern lassen.
Die Enttäuschung, was verpasst zu haben, weicht ziemlich schnell, als hier nun ein fast nagelneuer (1 Jahr alter) Triebzug der Baureihe 1428 (Stadler Flirt 3) vorfährt, mit dem es nun nach Münster geht. (Aufnahme im Münster). Anschließend bringt uns ein fast pünktlicher sonntags-IC mit alten IR-Wagen zurück nach Hamburg. Und wieder war ein schöner Tag zu Ende.
Wenn sie mit dabei sein wollen: Zur Terminliste mit den nächsten Sonderfahrten.
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